Ist es Ihnen schon aufgefallen? Es gibt nicht nur die
allseits bekannte Honigbiene an den Blüten in unseren
Gärten oder der freien Landschaft zu sehen. Da sind
wahre Winzlinge von nur 3-4mm Körperlänge darunter, aber
auch "Riesen" von bis zu drei Zentimetern. Rein
äußerlich betrachtet gibt es beträchtliche Unterschiede:
stark bepelzte Bienen, nackte Bienen und bunte Bienen.
Nun könnte man meinen, sie seien leicht zu Bestimmen.
Weit gefehlt. Oftmals ist im freien Feld eine
Artbestimmung unmöglich, manchmal kann man die
vorgefundenen Exemplare nicht einmal einer Gattung genau
zuordnen. Allein in
Deutschland gibt es rund 585 verschiedene Arten. Da
gibt es Urbienen, Seidenbienen, Sand- und Erdbienen,
Furchenbienen, Schmalbienen, Sägehornbienen,
Hosenbienen, Schenkelbienen, Langhornbienen,
Mauerbienen, Mörtelbienen, Pelzbienen, Wespenbienen,
Blutbienen und auch Blattschneiderbienen - nur um einmal
eine kleine Auswahl aufzuzählen. Sie bilden keine
aufwändigen Staaten wie die Honigbiene, Hummeln oder
soziale Wespen. Die überwiegende Mehrheit der heimischen
Wildbienen führt (wie auch die meisten Wespenarten) ein Einsiedlerdasein. Haben sie schon
einmal bemerkt, dass Bienen und Wespen nicht nur die
beiden Facettenaugen besitzen? Wie viele andere
Insektenarten besitzen auch die Hautflügler so genannte
Punktaugen (Ocellen). Sie
dienen hauptsächlich der Lichtwahrnehmung und steuern
sozusagen den Tagesrhythmus.
Die Weibchen unserer Wildbienen suchen die
unterschiedlichsten Orte für ihren Nestbau, fast jede
Art hat da seine Eigenheiten. Die Mehrheit baut ihre
kleinen Nestanlagen (meist selbst gegraben) unterirdisch
in verschiedensten Böden, doch gibt es auch Arten, die
in kleinen Hohlräumen von Bäumen, Gebäuden, Felsen oder
Pflanzenstängeln nisten. Selbst Schneckenhäuser oder
alte Pflanzengallen (Brutstätten der Gallwespen),
manchmal sogar Schlüssellöcher, dienen als Brutplatz.
Ich kann beispielsweise jedes Frühjahr aufs Neue die
Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) beim Nestbau in den
Nisthilfen vor den Fenstern sowie in den Lüftungsschlitzen beobachten. Wieder
andere Arten nutzen alte Bauten von anderen Stechimmen,
reinigen sie und gestalten sie für ihre artspezifischen
Bedürfnisse um. Eine kleine Anzahl Arten errichtet
Freibauten aus Harz, Sand oder Lehm an Pflanzen oder
Steinen. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie ihre
"Höhlen" durch einziehen von Zwischenwänden in kleine
Brutzellen unterteilen und den Eingang später fest mit
einem Deckel oder Pfropf verschließen.
Wildbienen sind wichtige Bestäuber - auch für unsere
Nutzpflanzen
Honigbienen, sozusagen unsere Haustierbienen, können
nicht alleine die Bestäubungsarbeit unserer
Kulturpflanzen, wie zum Beispiel der Obstbäume,
übernehmen. Wenn man
sich einmal die Blütenbesucher auf einem Apfelbaum im
Frühjahr anschaut, stellt man gleich eine große Anzahl
Wildbienen fest. Insbesondere dann, wenn der nächste
Honigbienenstock weiter als drei Kilometer entfernt ist,
macht der Anteil Solitärbienen oft über 80% aus. Dies
lässt sich auf alle unsere Nutzpflanzen übertragen.
Wildbienen sind sogar die "besseren" Bestäuber, da die
meisten Arten, im Gegensatz zur Honigbiene, den
gesammelten Pollen trocken transportieren (Honigbienen
müssen den Pollen mit Nektar anfeuchten um ihn in ihren
Körbchen an den Hinterbeinen zu transportieren). Bei der
Trockensammlung fällt vielmehr Pollen für die Bestäubung
ab. Fazit: ohne Wildbienen hätten wir viel weniger Obst
oder Gemüse (wie zum Beispiel Gurken oder Bohnen).
Doch auch für Wildpflanzen sind unsere heimischen
Wildbienen unentbehrlich. Viele Arten haben sich auf
wenige, artspezifische Blütenpflanzen spezialisiert. Das
ist zum einen genetisch, andererseits aber auch
Rüssellängen bedingt. Es gibt Bienen mit kurzem Rüssel
(zum Beispiel Blutbienen, Seidenbienen und
Maskenbienen - auch die Honigbiene gehört hierzu, langrüsslige Arten (zum Beispiel
Furchenbienen, Blattschneiderbienen, Mauerbienen) und
solche mit sehr langem Rüssel wie die Pelzbienen der
Gattung
Anthophora (bis 9,3mm langer Saugrüssel).
Aufgrund dieser Unterschiede können auch die
verschiedensten Pflanzenarten besucht werden, denn nicht
bei jeder Blüte ist die Nektarquelle gleich leicht zu
erreichen. Bei Korbblütern wie dem Löwenzahn sind Pollen
und Nektar einfach zu beschaffen, auch mit kurzem
Rüssel, doch für Lippenblütler, wie zum Beispiel den
Taubnesseln, braucht man die lange Version. Darüber
hinaus gibt es auch Bienenarten, die sich ganz auf eine
Pflanzenart für ihre Brut spezialisiert haben. Hier einmal ein paar
Beispiele:
Andrena vaga, die Weiden-Sandbiene fliegt
nur, wie der deutsche Name schon verrät, Weidenblüten
an; dann wäre da noch die seltenere Heidekraut-Seidenbiene (Colletes succinctus) - Besenheide; die
ebenfalls seltenere Wald-Pelzbiene (Anthophora furcata) - Wald-Ziest;
die Glockenblumen-Mauerbiene (Osmia mitis) -
verschiedene Glockenblumen, oder die Blutweiderich-Sägehornbiene (Melitta nigricans) -
Blutweiderich. Die Liste ist natürlich noch viel länger.
Arten, die nur eine, oder nur sehr wenige Pflanzenarten
besuchen, bezeichnet man als oligolektisch, solche, die
sich mehrere Pollen- und Nektarquellen erschließen,
polylektisch.
Bei den Wildbienen wird Pollen nicht bei allen Arten in
"Körbchen" an den Hinterbeinen abtransportiert.
Maskenbienen, Keulenhornbienen oder auch die großen
Holzbienen verschlucken den Pollen zusammen mit
Nektar und wird in einer
Art Kropf zum Nest gebracht. Beinsammler
hingegen sind Sandbienen, Furchenbienen, Seidenbienen,
oder Sägehornbienen (die Liste ist noch länger). Dabei
unterscheidet man noch, ob der Pollen trocken oder
feucht (vermischt mit Nektar) gesammelt und eingetragen
wird. Innerhalb dieser Gruppe gibt es noch Unterschiede
in der Sammelvorrichtung. Es gibt Körbchen-, Schienen-
und Schenkel-Schienensammlerinnen. Ganz anders
transportieren die Bauchsammlerbienen
(z.B.
Mauer- und
Blattschneiderbienen) ihre Ernte. Sie
haben auf der Unterseite des Hinterleibes eine so
genannte Bauchbürste. Sie besteht aus sehr vielen,
steifen, nach hinten gerichteten Haaren. Damit bewegen
sie sich über die Pollenanlagen der Pflanzen und können
auf diese Weise eine große Menge nahrhaften Pollen in
die Zwischenräume der Bauchbürste einbringen.
Auch unter den Bienen gibt es, wie bei den Hummeln,
Schmarotzer - so genannte
Kuckucksbienen. Das sind sogar rund ein Viertel der
heimischen Bienenarten. Dazu zählen beispielsweise die
Wespen-, Filz-, Trauer- und Blutbienen. Die Weibchen
dieser Arten bauen kein eigenes Nest, sondern legen ihre
Eier in die Nester anderer Bienen. Zumeist sind sie auf
eine ganz bestimmte Art spezialisiert. So schmarotzt
beispielsweise die kleine Filzbiene
Epeolus variegatus
nur bei Seidenbienen, vor allem bei
Colletes daviesanus
- und die Weißfleckige Trauerbiene nur bei der
Sommer-Pelzbiene Anthophora aestivalis.
Hier nur eine
kleine Auswahl der bislang von mir gefundenen Arten
(
hier gibt es alle)
Furchenbienen (Halictinae)
Viele Wildbienenarten sind in ihrem Bestand stark
gefährdet
In unserer immer bodenversiegelteren, monokultivierten,
aufgeräumten Menschenlandschaft haben es viele Arten
schwer, zu überleben. Da fehlt es mittlerweile nicht nur
an geeigneten Neststandorten, sondern auch an
vielfältigen, blütenreichen Wiesen und Ackerrändern.
Gerade die oligolektisch lebenden Arten sind oftmals
stark bedroht, da sie sich ja auf eine oder zumindest
wenige Blütenpflanzen spezialisiert haben. Fehlt diese
Pollenquelle, fehlt natürlich auch die dazugehörige
Biene.
Sie können, sofern sie Gartenbesitzer sind, manchen
Wildbienen helfen. Zum einen, indem sie in ihrem
Garten ausreichend Blütenpflanzen kultivieren -
vorzugsweise heimische Arten und auf gefüllt blühende
Sorten verzichten (die sind für fast alle Bienen
wertlos). Zum anderen gibt es Möglichkeiten, vielen
Wildbienenarten Nisthilfen anzubieten - das geht sogar
schon auf Balkonen, sofern sie nicht im dritten
Stockwerk oder höher in einem Hochhaus wohnen.
Informieren sie sich beispielsweise im Internet über
diese Möglichkeit. Oft braucht es nicht viel, um einer
Bienenart einen Nistplatz anzubieten. Für einige Arten
reichen schon hohle Bambusstängel oder für manch andere
Art noch markhaltige Stängel von z.B. Holunder. Für andere genügt ein
größerer Hartholzklotz, in den man ein paar saubere, das
heißt gratfreie Löcher bohrt (3-6mm). Auch etwas morsche Baumstämme (besonders von
Obstbäumen), aufrecht hingestellt, sind wertvolle Nistsubstarte,
z.B. für Holzbienen. In
einem Garten kann man auch ein richtiges "Bienenhotel" errichten -
Bauanleitungen findet man in Literatur oder auch im
Internet. Da aber nur etwas weniger als ein Drittel der
heimischen Arten in Hohlräumen nistet, sind alle diese
Nisthilfen für Hohlraumnister eher von pädagogischem Nutzen. In
der Regel sind je nach Region und Standort nur 2-15 Arten in
solchen Nisthilfen anzutreffen. Wichtiger sind
freie Bodenflächen. Sandige oder lehmige,
vegetationsfreie Stellen sind unverzichtbare Niststandorte für
die große Anzahl im Boden nistender Arten. Aber auch
±vertikale Flächen aus lehmiger Erde
werden von vielen Arten benötigt. Helfen sie mit, damit nicht noch mehr
Wildbienenarten auf die Rote Liste kommen - oder sogar
aussterben.