Vorwort und Allgemeines über die
Schmarotzenden Solitärwespen
Dieser vorläufig letzte Teil in der Rubrik
"Wissenswertes über Wespen" befasst sich mit den
Schmarotzern unter den solitären Wespen (einzig die
letzte Familie am Ende dieses Teils ist anders
einzuordnen). Viele ähneln in ihrem Verhalten den
Kuckucksbienen. Sie bauen also keine eigenen Nester
sondern suchen - artspezifisch - nach Nestern anderer
Wespen und / oder Bienen oder Hummeln. Dort dringen sie
meist während der Abwesenheit der Nestgründerinnen ein
und legen ihre Eier in vorhandene Brutkammern. Bei der
Mehrzahl der Arten saugen sich die Larven an den Larven
ihrer Wirte fest und saugen diese während des Heranwachsens
aus; bei Arten, die in Nestern von anderen Wespen
schmarotzen, kommt es auch vor, dass nicht nur die
Wirtslarve verspeist wird, sondern auch deren
Futterproviant. Wenige Arten sind echte
Futterschmarotzer. Ihre Larven fressen den für die
Wirtslarve angelegten Futtervorrat - zuvor fressen sie
jedoch das Wirts-Ei oder die schon geschlüpfte Larve.
Wespen einer anderen Familie dieser Gruppe haben es
nicht auf die Larven oder den Proviant anderer
Hautflügler abgesehen, sondern auf die Larven von
Blatthornkäfern.
Zu den Schmarotzenden Solitärwespen gehören zwei jeweils
auf ihre Art auffallende Familien. Das ist zum einen die
Familie der Goldwespen. Das sind wohl die schönsten und
farbenprächtigsten Wespen, die es in unserer heimischen
Fauna gibt. Ihr ganzer Körper leuchtet und schillert je
nach Art in fast neonfarbenen Rot-, Pink-, Grün-, Blau-
und Goldtönen, bei manchen Arten sind alle Farbtöne in
kontrastreichen Abstufungen sogar vereint. Auch, wenn
die Goldwespen meist recht klein sind (meist nur fünf
Millimeter, manche bis ein Zentimeter), fallen sie durch
ihr Funkeln im Sonnenlicht fast jedem auf.
Die andere Familie sticht nicht durch Farbenpracht
hervor, sondern durch ihre Ähnlichkeit mit Ameisen. Es
handelt sich um die Ameisenwespen. Leider habe ich noch
nie eine zu Gesicht bekommen.
*
Die Familie der
Goldwespen (Chrysididae)
Wie schon erwähnt, sind die Arten der Goldwespen allesamt
farbenprächtige Erscheinungen. Insgesamt für diese
Familie gesehen, kommen als Wirte Grabwespen und die zu
den Solitären Faltenwespen gehörenden Eumenidae
(Pillenwespen) in Betracht. Ob Bienen (in der Regel
Mauerbienen der Gattung Osmia) ebenfalls zum
Wirtsspektrum einiger Goldwespenarten zählen, ist
offenbar noch ungeklärt. Die Goldwespen dringen meist
während der Abwesenheit der Nestgründerinnen in ein Nest
ein und legen ein Ei ab. Sollten sie dabei doch einmal
von der Erbauerin überrascht werden, sind sie gut
geschützt vor deren Attacken. Nicht nur, dass ihr
Chitinpanzer besonders stark ist, sie können sich
aufgrund einer anatomischen Besonderheit zu einer
kompletten Kugel zusammenrollen und sind somit
unangreifbar. Bei ihnen ist der Hinterleib unterseits
ausgehöhlt und kann bei Bedarf nach vorn unter den
Thorax geklappt werden, durch den nach innen gewölbten
Hinterleib haben auch ihre Beine in der Kugel Platz.
Zudem scheinen Goldwespen einen für ihre Wirte sehr
unangenehmen Geruch auszudünsten, welcher diese bei
einem möglichen Angriff meist zurückschrecken lässt.
Die Larven der meisten Arten sind reine Ektoparasiten
(Außenparasiten). Doch ihre Vorgehensweise nach dem
Schlupf aus dem Ei hängt vom Entwicklungsstadium der
Wirtslarve ab, die sie vorfinden und auf deren Rücken
sie sich anheftet. Ist die Larve des Wirtes ebenfalls
erst geschlüpft oder noch klein, saugt die parasitische
Larve nur sehr sporadisch an ihr - gerade so oft, dass
sie nicht abstirbt. So kann der Wirt weiter
heranwachsen, reifen und sich schließlich gemeinsam mit
der Goldwespenlarve auf dem Rücken in einen Kokon
einspinnt. Erst jetzt wird der Parasit richtig aktiv,
denn die Wirtslarve hat ihre maximale Größe erreicht und
genügt nun erst als Nahrungsreserve für die Entwicklung
der Goldwespe. Findet eine frisch geschlüpfte
Goldwespenlarve dagegen schon einen Kokon im Nest vor,
dringt sie in diesen ein und heftet sich ebenfalls an
den Rücken der darin befindlichen Larve um sie als
Nahrungsvorrat zu nutzen. So läuft das sowohl in Bienen-
als auch Wespennestern ab. Nur bei wenigen Arten, die
bei Pillen- oder Grabwespen parasitisieren, gibt es wohl
die Variante, dass die Goldwespenlarven die Wirtslarven
sofort abtöten (oder das Ei fressen) und deren
Futterproviant für ihre eigene Entwicklung nutzen.
*
Goldwespen kann man in fast allen Lebensräumen
antreffen. Was dadurch bedingt ist, dass die Wirte der
einzelnen Arten ebenfalls in verschiedenen Lebensräumen
anzutreffen sind. Sehr schwierig ist es dagegen, die
gefundenen Arten zu bestimmen, da sie sich alle sehr
ähnlich sehen. Wie bei so vielen Hautflüglern ist dies
anhand eines Fotos oder vor Ort im Gelände oft sehr
schwierig bis unmöglich - auch für Spezialisten. Nur
sehr wenige Arten sind einfacher zu benennen -
insbesondere dann, wenn man weiß wer ihr Wirt ist.
Ansonsten hilft manchmal auch Glück und man hat auf
einem Foto eines der wenigen Unterscheidungsmerkmale
der Arten so gut und scharf getroffen, das eine
Fotobestimmung klappt. Leider sind diese Merkmale oft
winzig und meist auch noch an etwas verborgenen
Körperstellen. Sie überhaupt zu fotografieren ist schon
eine wahre Geduldsprobe. Goldwespen sind eigentlich
ständig in Bewegung und lassen einem Fotografen kaum die
Möglichkeit, sie in den Sucher zu bekommen. Am ehesten
gelingen Aufnahmen bei den Wirtsnestern. Wenn man sich
dort geduldig auf die Lauer legt, hat man manchmal das
Glück, den Auslöser erfolgreich betätigen zu können. So
sind mir auch erst 2008 die ersten Aufnahmen von
Goldwespen geglückt. Ich suchte gezielt im Sandgebiet am
Frankfurter Flughafen nach ihnen, fand welche und folgte
ihnen langsam zu potentiellen Wirtsnestern, dort legte
ich mich dann auf die Lauer. Die beiden Arten, die ich
da fotografieren konnte, stelle ich nun vor.
Hedychrum niemelaei gehört mit ihren
etwa acht Millimetern Körperlänge zu den größeren
Goldwespenarten. Ich hatte das große Glück, sowohl ein
Männchen als auch ein Weibchen fotografieren zu können.
Sie findet man eigentlich nur in offenen, sandigen
Gebieten. Dort lebt nämlich ihr Wirt - Grabwespen aus
der Gattung Cerceris (z.B.
Cerceris rybiensis). Dort kann man sie etwa von Juli
bis spätestens Anfang September rastlos über Sandflächen
hasten und nach passenden Nestern suchen sehen.
Ebenfalls in Sandgebieten, aber auch an anderen
trockenen, vegetationsarmen Stellen kann man
Hedychrum rutilans finden. Zumindest
überall dort, wo ihr Wirt, der Bienenwolf (Philanthus
triangulum), nistet. Sie ist aufgrund ihrer Färbung
meist etwas einfacher zu bestimmen als ihre Verwandten.
Flugzeit ist meist zwischen Ende Juni und Anfang
September.
*
Die Familie der
Ameisenwespen (Mutillidae) - 6 Arten in Deutschland
Wie erwähnt, hatte ich noch nie das Glück einer Art
dieser interessanten Wespen zu begegnen. So kann ich
Ihnen nicht einmal ein Foto präsentieren, das Ihnen die
Ähnlichkeit zu den Ameisen vermitteln kann. Ich
beschränke mich von daher auf ganz allgemeine Angaben
über diese Familie. Zudem scheint diese Familie noch
nicht ausreichend erforscht, denn, es gibt einige
widersprüchliche Angaben über ihre Lebensweise (bzw. der
ihrer Larven).
Die Mutillidae haben noch zwei weitere (mir bekannte)
deutsche Bezeichnungen: Spinnenameisen und
Bienenameisen. Die erste Bezeichnung bezieht sich wohl
auf die Behaarung dieser Wespen, die an Spinnen
erinnert; die zweite auf die in Bienennester
eindringenden Arten. Die Ähnlichkeit mit den Ameisen
beschränkt sich aber alleine auf die flügellosen
Weibchen dieser Wespen.
Als Wirte kommen - je nach Art - Wildbienen, Hummeln
sowie Grab- und Wegwespen in Frage. Nicht abschließend
geklärt scheint die Frage, ob die Larven dieser
Schmarotzer nur den Wirt für ihre Entwicklung aussaugen
oder auch dessen Proviant verzehren. Sicher ist dagegen,
dass beispielsweise die von der Großen Ameisenwespe
(auch Große Spinnenameise) Mutilla europaea befallenen
Hummelnester weniger Hummeln als Ameisenwespen
hervorbringen.
Die Ameisenwespen gelten gemeinhin als selten bis sehr
selten. Sie kommen entsprechend ihrer Wirtswahl in
unterschiedlichen Lebensräumen vor und sind etwa von Mai
bis Oktober unterwegs.
*
Die Familie der
Rollwespen (Tiphiidae)
Die Rollwespen haben es bei ihrer Wirtssuche nicht auf
die Larven von Hautflüglern abgesehen, sondern auf die
im Boden lebenden Larven (Engerlinge) von
Blatthornkäfern aus den Gattungen Gattungen Amphimallon,
Rhizotrogus und Anisoplia. Dazu graben sich die Wespen
bis zu fünfzig Zentimeter tief zu ihnen hinab. Dort wird
der Engerling mit einem Stich paralysiert (je nach
Rollwespengattung dauerhaft oder auch nur kurzfristig)
und ein Ei an ihn geheftet. Die Larven (Ektoparasiten)
heften sich nach dem Schlupf umgehend an den für sie
riesigen Wirt und saugen ihn nach und nach aus. Die
Verpuppung findet im Boden neben der leeren Hülle des
Wirtes statt.
Die fertigen Rollwespen sind meist eifrige
Blütenbesucher (besonders weiße Doldenblütler) und
ernähren sich von Blütennektar und Honigtau. Im
Hochsommer, der Flugzeit der Rollwespen, treten sie in
Gebieten mit großen Beständen als Wirte geeigneter
Blatthornkäfer oftmals in Massen auf. Fehlen dafür
mancherorts völlig.
Ich konnte bislang eine Art der vier (6?) heimischen
Rollwespen finden und fotografieren:
Tiphia femorata ist die häufigste Art der
Familie. Sie befällt
Engerlinge der Gattung Amphimallon, bevorzugt die von
Amphimallon solstitiale, dem Junikäfer. Zu finden ist
diese
Art meist in wärmeren Gebieten, meist auf Trockenrasen.
***
Die Familie der
Schmalbauchwespen (Gasteruption)
Diese Familie, auch Gichtwespen genannt, ist hier unter
dem Kapitel Schmarotzende Solitärwespen sicher nicht
ganz richtig eingeordnet, denn, sie haben einen
Legebohrer wie die Schlupfwespen (wo sie aber auch nicht
hingehören). Es lohnt sich aber nicht, für diese, von
den anderen, in den bislang sechs Teilen vorgestellten
Familien, abweichende Familie einen siebten Teil (also
eine neue Seite) zu erstellen. Viel zu wenig ist mir
(und scheinbar auch den Biologen) über diese Familie
bekannt.
Ich kann Ihnen zu dieser Familie nur folgende Angaben
machen:
Die weiblichen Gichtwespen suchen Nester von
hohlraumbewohnenden Wildbienen und bringen mithilfe ihres
Legebohrers ihre Eier in die Brutkammern ein. Betroffen
sind vor allem
Hylaeus-und
Ceratina-Arten, aber auch die
Gattungen Osmia,
Colletes und
Heriades. Die Larven dieser
Wespen fressen zunächst das Wirts-Ei (oder auch die
Larve) und fressen dann den Futterproviant (Nektar und
Pollen). Die erwachsene Wespe ist häufig auf
Doldenblütlern beim Nektartrinken zu beobachten.
Gasteruption
spec. Bei dieser Gattung ist eine
Artbestimmung am Foto nahezu unmöglich - besonders
für mich als Hobby-Entomologen.
Gasteruption assectator ist die häufigste heimische Art
und
schmarotzt bei
Hylaeus-Arten (die meist in Brombeerruten
nisten).
Flugzeit ist etwa von Juni bis September.
***
Das war nun der vorerst letzte Teil zum Thema
"Wissenswertes über Wespen".
Hier
geht es zurück zum Vorwort
Hier geht es zu
Teil 1 - Faltenwespen (Vespidae)
Hier geht es zu
Teil 2 - Grabwespen (Sphecidae)
Hier geht es zu
Teil 3 -
Wegwespen (Pompilidae)
Hier geht es zu
Teil 4 -
Schlupfwespen u.a. (Terebrantes)
Hier geht es zu
Teil 5 - Pflanzenwespen (Symphyta)