Allgemeines über die Gruppe
der Wegwespen
Der dritte Teil von "Wissenswertes über Wespen" ist den
Wegwespen gewidmet. Ihr Äußeres entspricht schon nicht
mehr dem der "klassischen" Wespe. Und so werden sie dann
auch von vielen Menschen schon nicht mehr als Wespen
erkannt.
Jede der rund einhundert in
Mitteleuropa vorkommenden Wegwespen-Arten macht für
ihren Nachwuchs Jagd auf Spinnen. Manche unter ihnen
nehmen dafür sogar regelmäßig den Kampf mit sehr
wehrhaften Spinnen und oft auch wahren "Spinnenmonstern"
auf. Dennoch sind die Kämpfe meist kurz und die Wegwespe
wohl ausnahmslos immer die Siegerin. Sie benötigen pro
Nest und abgelegtem Ei immer nur eine Spinne - was bei
der Größe der Beutetiere auch nicht wirklich verwundert.
Ähnlich wie bei den Sandwespen herrscht bei den
Wegwespen die Farbe schwarz vor. Neben diesen
einheitlich gefärbten Tieren gibt es noch welche, deren
Hinterleib mit mal mehr, mal weniger leuchtend roten
Flecken versehen ist - nur wenige Arten haben gelbliche
oder weiße Stellen.
Die Nester der Wegwespen können je nach Art sowohl
selbst gegraben in meist sandigem Boden, oder in Fels-
und Mauerspalten oder ähnlichen Hohlräumen und scheinbar
selbst in Schneckenhäusern sein. Wenige Arten bauen auch
gar kein Nest, sie überwältigen die Spinnen auf die sie
spezialisiert sind, in ihrem Netz und belassen sie
gelähmt und mit einem Ei belegt einfach dort (da es sich
hierbei fast immer um Röhrenspinnen handelt, ist das
"Gelege" dennoch verborgen und etwas geschützt, da die
Spinne in ihrer getarnten Gespinströhre am Boden
verbleibt).
Leider konnte ich bislang nur wenige Wegwespenarten
fotografieren, da sie, wie die Sandwespen, fast immer in
Bewegung sind. Ich füge am Ende noch ein paar kurze
Beispiele anderer Arten an, die ich selbst aber noch nie gefunden habe.
*
Die erste Wegwespe, die ich auf meinen Exkursionen in
den letzten Jahren fotografieren konnte, war die
besonders in Sandgebieten weit verbreitete und häufige
Frühlings-Wegwespe
Anoplius viaticus. Sie ist im
Sandgebiet nahe der Startbahn-West des Frankfurter
Flughafens ziemlich häufig anzutreffen. Außerdem ist sie
die erste Wegwespe, die man im Jahr finden kann. Je nach
Witterung lockt die zunehmend wärmende
Sonneneinstrahlung im Frühling schon Ende März, meist
aber erst im April die im Sandboden überwinternden
befruchteten Weibchen aus ihren Winternestern. Kaum sind
sie erwacht,
beginnen sie
umgehend mit den
Nestgründungen.
Dafür gehen sie
zunächst auf die
Jagd - und zwar
nach Wolfspinnen. Meist sind es
Spinnen der Gattung Trochosa die ihr zum Opfer fallen.
Diese, man könnte meinen, sehr wehrhaften Spinnen, sind
meist um einiges größer als ihre Jägerin. Doch wenn eine
Frühlings-Wegwespe sie in ihrem Versteck (diese Spinnen
sind nachtaktiv und tagsüber gut verborgen unter
Steinen, Holzstückchen, Moospolstern o.ä.) aufspürt,
gibt es nur einen sehr kurzen Kampf - bei dem die Spinne
wohl ausnahmslos die Verliererin ist.
Ich konnte solch ein Schauspiel leider erst einmal
beobachten - doch leider nicht fotografieren (hatte
ausgerechnet da meine Kamera nicht dabei). Es dauerte
keine Minute, bis die Wespe ihren Stich anbringen und
die Spinne dadurch wirklich rasend schnell gelähmt
wurde. Anschließend packte sie ihre Beute an der
Unterseite und zerrte sie rückwärts gehend zwischen den
Heidekrautbüschen hervor und weiter zur nächstgelegenen
freien Sandfläche - die war etwa zwei Meter entfernt.
Dort legte sie die Spinne in den Schatten eines kleinen
Grasbüschels und rannte dann in einem aberwitzigen Tempo
kreuz und quer in der näheren Umgebung über den Sand.
Zwischendurch kam sie dabei immer wieder kurz zu der
abgelegten Spinne zurück. Das ging in etwa eine halbe
Stunde lang so und ich wollte schon wieder aufbrechen,
doch dann begann die Wespe etwa fünfzig Zentimeter von
dem Grasbüschel
entfernt im Sand zu graben. Es dauerte
eine Weile, bis sie ihr Nest fertig hatte, jedenfalls
rannte sie schließlich wieder los und musste einen
Moment suchen bis sie die Spinne wieder fand. Dann
packte sie sie erneut und schleppte sie rückwärts zum
Nesteingang und verschwand mit ihr in der Tiefe. Dort
legte sie dann ihr Ei ab (konnte ich natürlich nicht
sehen - aber so ist ja der Ablauf) und kam eine Weile
später wieder heraus und scharrte das Loch wieder
komplett zu. Sie bemühte sich sogar, den lockeren Sand
mit ihrem Hinterleib etwas zu verfestigen. Dann schien
sie sich erneut auf die Jagd zu begeben, aber ich verlor
sie dabei aus den Augen.
Diese spannende Nistphase geht dann insgesamt bis etwa
Anfang Juni (es schlüpfen ja nicht alle überwinternden
Weibchen gleichzeitig und so können die als erstes
geschlüpften schon im April mit ihren Nestern fertig und
gestorben sein, während andere jetzt erst aus der Erde
kommen). Da Anoplius viaticus in fast allen Sandgebieten
vorkommt und dann auch meist nicht selten ist, sollten
Sie eines vielleicht mal im Frühjahr besuchen und nach
ihr Ausschau halten - mit etwas Glück und vor allem
Geduld können Sie sicher auch ein solches Erlebnis
haben. Im Frühsommer/Sommer gibt es dann ein paar
Wochen, in denen man diese Wegwespe nicht mehr finden
kann. Die Nestgründerinnen des Frühjahrs sind gestorben
und die neue Generation schlüpft erst ab etwa Mitte
Juli. Dann kann man aber auch die Männchen sehen, die
nun ihr kurzes Leben beginnen. Bis etwa Ende August -
September geht nun die Paarungszeit an deren Ende die
Männchen sterben. Die nun befruchteten Weibchen dagegen
sind nun wieder bei eifrigen Grabungen zu beobachten.
Jetzt werden aber keine Nester gegraben sondern
Winterquartiere in denen sie bis zum folgenden Frühjahr
verharren und ein neuer Zyklus beginnt.
*
Die zweite Wegwespe, die ich fotografieren konnte,
gehört zu den etwas selteneren Art und wird auf der
Roten Liste Deutschlands als gefährdet (RL 3)
eingestuft. Es handelte sich um
Cryptocheilus versicolor,
die scheinbar keinen deutschen Namen hat. Leider sind
meine Kenntnisse über diese Art eher dürftig und ich
konnte auch bislang nicht wirklich viele Informationen
recherchieren. Darum sind die folgenden Angaben eher
Vermutungen die aus meinen Beobachtungen stammen und
durch keine anderen Quellen bestätigt sind.
Cryptocheilus versicolor kommt meist nur in klimatisch
günstigen, warmen Gebieten vor und besiedelt eher karge,
trockene Lebensräume wie Trockenrasen - aber auch
trockenes, mageres Ödland, da fand und finde ich sie hin
und wieder immer noch. In ihre Nester, die scheinbar
sowohl in Sand- als auch Lehmböden angelegt werden,
trägt sie, so vermute ich, Glattbauchspinnen der Gattung
Gnaphosa ein. Das ist wirklich nicht sicher, ich habe
nur einmal ganz flüchtig eine Wegwespe dieser Art mit
einer erbeuteten Spinne gesehen und konnte diese aber in
der kurzen Zeit nicht eindeutig identifizieren. Es war
jedenfalls eine große, schwarze Spinne, die auf den
ersten Blick an eine Glattbauchspinne erinnerte. Es kann
also auch eine andere Gattung sein, die in ihrer Gestalt
diesen ähnelt. Auf jeden Fall ist die Beute dieser
Wegwespe, egal ob nun Glattbauchsinne oder eine andere
in Gestalt und Farbe ähnliche Spinne, ein ebenfalls sehr
wehrhafter und für andere Insekten sicher meist
tödlicher Gegner. Ich würde einen solchen Kampf zu gerne
einmal beobachten. Cryptocheilus versicolor begegnet mir
meist ab Ende Juni bis September. Mehr kann ich leider
nicht zu dieser Art sagen.
*
Die dritte Art, die ich bislang bei meinen Touren
fotografieren konnte, ist die Bleigraue Wegwespe
Pompilus cinereus. Sie begegnete mir 2008 erstmalig, als
ich gezielt im
Sandgebiet am Frankfurter Flughafen nach
Hautflüglern suchte. Ich brauchte viel Geduld und viele
Versuche, ehe ich ein einziges, halbwegs brauchbares
Foto dieser wieselflinken Art erhielt. Während Anoplius
viaticus in dem Gebiet fast jede freie Sandfläche
besiedelt, ist die Bleigraue Wegwespe dort nur auf
wenigen, besonders lockeren Sandstellen zu finden. Sie
macht ebenfalls Jagd auf Wolfspinnen, doch eher auf
Arten der Gattung Arctosa. Diese schleppt sie nach einem
kurzen Kampf, in dem sie die Spinne mit einem Stich
lähmt, vorwärts zu ihrem bereits zuvor gegrabenen Nest -
was vom Verhalten von Anoplius viaticus völlig abweicht.
Zudem legt sie ihre Beute während der Eröffnung des
Nesteingangs nicht einfach ab, sondern scharrt sie etwas
mit Sand zu. Pompilus cinereus ist von etwa Juni bis
September auf solchen lockeren Sandflächen zu finden -
meist sind das Binnendünen oder größere Sandgruben.
*
Die vierte Art, von der mir eine Aufnahme glückte,
gehört zur Gattung
Arachnospila und kann
leider nicht
bis zur genauen Art bestimmt werden. Und noch
bedauerlicher ist der Umstand, dass ich keinerlei
Informationen zu dieser Gattung liefern kann. Ich kann
nur erwähnen, dass der Fundort nicht in einem
Sandgebiet, sondern einer eher feuchteren Wiese am
Mainufer lag. Es gibt dort zwar eine kleine, meist
trockene Sandfläche, doch die misst kaum zwei mal zwei
Meter. Doch kann ich kaum glauben, das sie dort nistet.
Denn diese Fläche ist häufig von Menschen frequentiert.
Vielleicht weiß ein Leser genaueres über diese Gattung?
*
Alle bislang von mir gefundenen und teilweise
fotografierten und hier vorgestellten Wegwespenarten
machen Jagd auf Bodenspinnen, die keine Netze bauen
sondern selbst frei umherstreifende Jäger sind (bei der
zuletzt vorgestellten Gattung Arachnospila kann ich das
natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen). Aber auch
andere Spinnenarten sind vor Wegwespen nicht sicher.
Trichternetzspinnen wie z.B. Tegenaria atrica, die
vielen vielleicht schon begegnete große Hausspinne,
Krabbenspinnen, Sackspinnen und auch Radnetzspinnen (die
in ihrem Netz angegriffen und überwältigt werden) müssen
sich vor ihnen in Acht nehmen. Die Wegwespenarten, die
nicht im Boden nisten, haben es manchmal noch schwerer,
ihre oft riesige Beute zum Nest zu transportieren. Es
scheint doch mühsamer, ein Gewicht beispielsweise einen
Felsen hinauf zu zerren, als es über ebenen Boden zu
schleifen... Manche Wegwespenarten beißen den gelähmten
Spinnen alle Beine ab, damit sie nicht mehr ganz so
sperrig und leichter zu transportieren sind. An dieser
Stelle möchte ich nun noch Wespen erwähnen, die in ihrem
Aussehen und ihrem Verhalten (sie machen Jagd auf
Baldachin-, Radnetz- und Kugelspinnen) an eine Wegwespe
denken lassen. Sie bauen aber Liniennester in länglichen
Hohlräumen wie Pflanzenstängeln, Käferfraßgänge oder
auch Nisthilfen für in Hohlräumen nistende Wildbienen.
In die einzelnen Kammern dieser Liniennester tragen sie
mehrere Spinnen als Larvenproviant ein. Diese Nistweise
unterscheidet sie erheblich von den Wegwespen. Nicht zu
Unrecht, denn diese Wespen sind Grabwespen und
Angehörige der Gattung Trypoxylon. Leider habe ich auch
diese Wespen noch nie gesehen.
*
Ich hoffe, ich konnte ihnen mit diesem Artikel wirklich
einen kleinen Einblick in das Leben der Familie der
Wegwespen bieten. Scheuen Sie sich nicht, mir Kritik,
Anregungen, Verbesserungen, Zusatzwissen oder natürlich
auch Lob zukommen zu lassen. Alles, was mir hilft,
Naturspaziergang zu verbessern ist immer Willkommen -
und lobende Worte motivieren, weiter zu machen, trotz
Finanznot.
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Teil 1 - Faltenwespen (Vespidae)
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Teil 4 -
Schlupfwespen u.a. (Terebrantes)
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Teil 5 - Pflanzenwespen (Symphyta)
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Teil 6 - Schmarotzende Solitärwespen