|
Pressemitteilung
Mehr und mehr
heimatlos
Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ hat für 2019 eine Biene
gewählt, die durch ihre Erscheinung und ihr agiles Flugverhalten
auffällt. Die Senf-Blauschillersandbiene (Andrena agilissima)
ist mit ihrer beachtlichen Körpergröße von 13-15 mm in beiden
Geschlechtern und dem typischen Blauschimmer auf Flügeln und
Hinterleib zuverlässig zu erkennen. Die schneeweiße Färbung der
Schienenbürsten an den Hinterbeinen der Weibchen, und der Behaarung
an weiteren Körperstellen liefern einen auffälligen Kontrast zum
schwarzen Chitinpanzer. Insbesondere die Männchen sind rasante
Flieger, worauf sich der wissenschaftliche Name "agilissima"
bezieht.
Die Weibchen sammeln ausschließlich an Kreuzblütlern Pollen,
besonders am Acker-Senf, sind also hoch spezialisierte
Blütenbesucherinnen. Daher hilft auch der gesammelte Blütenstaub
beim Erkennen der Art: Die "Pollenhosen" an den Hinterbeinen sind
meist blassgelb gefärbt, da die Biene in erster Linie den so
gefärbten Pollen des Acker-Senfs erntet.
Die Flugzeit reicht etwa von Anfang Mai bis Anfang Juli. Die Art
bildet eine Generation im Jahr. Wie alle Sandbienen baut Andrena
agilissima ihr Nest im Erdboden. Die Tiere bevorzugen
regengeschützte Plätze an Steilwänden in Sand, Löß oder Lehm.
Im Zuge einer intensiven Feldwirtschaft mit Einengung auf wenige
Kulturpflanzen und verbunden mit dem Einsatz von Herbiziden sind die
Nahrungspflanzen von Andrena agilissima vielerorts
verschwunden. Andrena agilissima zählt zusammen mit 80
anderen Bienenarten zur Bestäubergemeinschaft des Rapses. Allerdings
kann die Wildbiene des Jahres 2019 nicht immer vom Anbau dieser oft
großflächig ausgesäten Ölpflanze profitieren, da oftmals die
Rapsblüte vorüber ist, bevor ihre Hauptflugzeit beginnt. Es werden
deshalb weitere Kreuzblütler als Nahrungsgrundlage benötigt. Zudem
kann diese Bienenart zwar mehr als einen Kilometer vom Nistplatz
entfernt Nektar und Pollen sammeln, doch liegen passende
Nahrungsflächen in der ausgeräumten Feldflur oft zu isoliert und zu
weit entfernt von ihren Nistplätzen. Andrena agilissima ist
an vielen Orten heimatlos geworden.
Durch ein deutlich verbessertes Angebot an Kreuzblütlern, die
während der Flugzeit von Andrena agilissima blühen, ist
dieser bedrohten Art wirksam zu helfen. Insbesondere Ansaaten mit
Acker-Senf aber auch Barbarakraut, Hederich, Ölrettich oder
Weiß-Senf bereichern das Pollenangebot bzw. machen Nahrung in
ausgeräumten Feldfluren erst wieder verfügbar. Mehr Blütenvielfalt
in der Feldflur kommt nicht nur der Wildbiene des Jahres, sondern
der Insektengemeinschaft insgesamt zugute.
Hintergrund
Das Kuratorium
„Wildbiene des Jahres“ wählt seit 2013 jährlich eine besonders
interessante Wildbienenart heraus, um an ihrem Beispiel die
spannende Welt dieser Tiere bekannter zu machen. Bei jeder
„Jahresbiene“ wird die oft bedrohliche Bestandssituation der für uns
so nützlichen Tiere dargestellt. Zugleich soll die Wildbiene des
Jahres dazu ermuntern, „in die Natur“ zu gehen und das Tier in
seinem Lebensraum aufzusuchen. Damit wirkt die Initiative auch im
Sinne einer Wissenschaft für alle (citizen science) und bringt mehr
Klarheit über das aktuelle Vorkommen der Wildbiene des Jahres.
Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ ist beim Arbeitskreis
Wildbienen-Kataster angesiedelt, eine Sektion des Entomologischen
Vereins Stuttgart 1869 e.V.
Die Flyer zu den Wildbienen der Jahre 2013 bis 2019 können unter der
Homepage des Wildbienen-Katasters herunter geladen werden:
www.wildbienen-kataster.de
Stuttgart, den 19.10.2018 Martin Klatt, Kuratorium "Wildbiene des
Jahres"
|